Es ist 3:00 Uhr nachts. Wenn mich jetzt jemand angreift, dann greife ich natürlich insbesondere den Lungen-Meridian an. So und nicht anders funktioniert das Prinzip des Tageszeitenzyklus, oder?
Vermutlich hat hiervon schon beinahe jeder Kampfkünstler gehört. Chi oder Energie fließt durch den Körper und ist zu bestimmten Zeiten in bestimmten Bereichen des Körpers besonders anfällig für Angriffe.
Beispielsweise enthält das Bubishi eine Reihe von 12 Zeichnungen, die Druckpunkte darstellen, die während jeder Tierkreisstunde (eine Tierkreisstunde entspricht 2 Stunden nach westlichen Gesichtspunkten) angegriffen werden sollen.
Was ist der Tageszeitenzyklus?
In der orientalischen Medizin wird vielfältig davon ausgegangen, dass die Energie von Meridian zu Meridian fließt und jeden Tag einen Zyklus abschließt. Jeder Meridian ist während einer bestimmten Tierkreisstunde besonders aktiv.
In der westlichen Medizin lassen sich hierzu auch Anhaltspunkte finden. So ist die Chronobiologie die Lehre vom zirkadianen Rhythmus. Untersuchungen auf diesem Gebiet haben gezeigt, dass die meisten Asthmaanfälle zwischen 3:00 und 5:00 Uhr morgens auftreten. Genau in der Tierkreisstunde, in der der Lungen-Meridian am aktivsten ist.
Es ist ebenfalls sehr interessant, dass die meisten Herzinfarkte sich zwischen 9:00 und 11:00 Uhr ereignen in der aktiven Zeit des Herz-Meridians. Das passt dann irgendwie doch nicht, oder?
Diese offensichtliche Diskrepanz legt eine Theorie des Energie-Flusses nahe. Nämlich dass der Tierkreisstunde der Aktivität in einem Meridian eine Tierkreisstunde mit verminderter Energie in diesem Meridian vorausgeht. Man kann es sich mit dem Bild einer Welle, die durch den Körper fließt vorstellen. Wie im Ozean geht das Wasser zurück, bevor die Welle stürzt.
Es gibt jedoch auch andere Theorien darüber, wie die Energie durch den Körper zirkuliert.
Erstens; der Energiefluss ist wie die Gezeiten. Hochwasser entspricht der vollen Aktivität und Ebbe herrscht in dem Meridian dann 12 Stunden später. Zweitens; eine andere Theorie besagt, dass auf die Tierkreisstunde der Fülle in einem Meridian eine Periode der Leere folgt.
Jedoch bleibt die Theorie, allein Theorie. Derzeit gibt es keine umfassende Forschung, um diese Phänomene genau zu messen.
Wie können wir es im Kyusho nutzen?
Doch jetzt nochmal einen Schritt zurück. Selbst wenn wir genau wüssten, wie die Energie durch den Körper fließt oder wann die Hoch- und Tiefzeit ist, dann stünden wir vor einem noch grundlegenderen Problem.
Um Punkte nach Tageszeiten zu benutzen, müsste man wissen, wie spät es ist und man müsste zu jeder Uhrzeit die passende Technik haben, die natürlich auch noch akkurat auf den Gegner reagieren kann.
Ich hoffe, du findest das genauso unpraktisch wie ich.
Also, eine einfachere oder praktikablere Methode muss her!
Da wir immer davon ausgehen, dass Energie kontinuierlich durch den Körper fließt, können wir einfach dem Energiefluss folgen. Mit anderen Worten; auf einen Angriff auf den Dickdarm-Meridian folgt ein Angriff auf den Magen-Meridian oder auf einen Angriff auf den Dreifachen Erwärmer-Meridian folgt ein Angriff auf den Gallenblasen-Meridian.
Zwar sollte klar sein, dass diese Methode nicht das ganze Potenzial des Tageszeitenzyklus erfasst, da die Auswirkungen auf bestimmte Meridiane zu bestimmten Zeiten dramatischer sind. Trotzdem können wir den natürlichen Energiefluss des Körpers den ganzen Tag über nutzen, ohne die genaue Zeit kennen zu müssen.
Dein Kyusho Nerd